Donnerstag, 29. Dezember 2011

Fasnachten und Tiroler Maskenschnitzer

In Tirol feiert man Fasnacht in Umzügen so ausgiebig, das diese traditionellen Veranstaltungen nur alle 3, 4 oder gar 5 Jahre stattfinden.

 Prächtig ist das Imster Schemenlaufen und es fordert die Hingabe und die Lebensfreude einer ganzen Stadt über viele Monate. 900 Männer – denn nur sie, wie sonst auch in Tirol – nehmen aktiv daran teil. Sie hüpfen, springen, tanzen, lärmen und musizieren bei dem Schauspiel, das durch die Straßen zieht und unter die Haut geht. Die Figuren sind überliefert und aufwändig kostümiert: Faschingskleider, Perücken, Masken, Handschuhe und Hüte lassen kaum ein Stück Haut frei.

Mit dem Verklingen der sonntäglichen Mittagsglocken formiert sich der einmalige Zug. Sogenannte Spritzer, Sackner und Kübelemajen drängen mit Wasserspritzen, einem runden Sack und Pudertupfer aus dem Kübel der Maje das Publikum zurück. Die borstigen Hexen tragen schwingend weite Röcke und Zöpfe, sie heben die Besen über die Köpfe und begleiten ihren Tanz mit gellendem Geheul. Dann erscheinen Roller und Scheller, die Hauptfiguren des närrischen Treibens. Mit hohen Kopfputz tanzen sie miteinander das „Gang’l“. Dabei schlagen rhythmisch die großen Schellen. Wenn dieses „G’schall“ erklingt, und dazu die Glöckchen des Rollers silbrig und flirrend, halten alle den Atem an und ein heiliger Moment im Karnevalstreiben entsteht.



Der Blick bleibt an den Masken hängen, ausdrucksstarken künstlerischen Meisterwerken. Und sie sind einfach schön: Die reife, markante Männlichkeit des Schellers, mit dünklerer Haut, Bart und buschigen Augenbrauen, die helle, jugendliche Lieblichkeit mit feminin gezeichneter Augenpartie, rosigen Wangen und lächelndem Mund des Rollers setzen sich klar voneinander ab. Oft als Weichen des alten Winters gegenüber dem jungen Frühling ausgelegt, gehen diese Maskenspiele wohl vor allem auf barocke Spiellust und Maskeraden von Kirche und Adel zurück, die von Bürgern und Bauern aufgegriffen worden sind.

Nirgendwo werden sie so leidenschaftlich gepflegt wie in Tirol, gleich ob das die Matschgerer zwischen Innsbruck und Hall sind oder das Telfer Schleicherlaufen, das Fisser Blochziehen, das Axamer Wampelerreiten oder das Nassereither Schellenlaufen. Alle haben ihren eigenen Ablauf, ihre besondere Darstellung des Kräftemessens und der Ausgelassenheit und dazu ihre typische Figuren. Larven und überbordende Kostüme tragen sie alle.

So gesehen steht hinter jeder Maske eine Frau. Nicht nur, weil sie den Aufputz und die Kostüme den Männern auf den Leib schneidern: In Nassereith werden sogar die Masken von einer Frau geschnitzt. Irene Krismer, heute 71, hat eigentlich die Näherei gelernt, doch der Vater hat sie dazu angehalten, Souvenirs wie Gämsen und Hirschen zu schnitzen und ihr alle Handgriffe und jeden Schnitt gezeigt. Und weil das erste Stück so gut gelang, war sie mit Freude bei der Sache. Das Maskenschnitzen hat sie sich später dann selbst beigebracht. Heute hängen ihre Stücke im Nassreither Fasnachtsmuseum und werden mit Stolz zu den Feiern der Fasnacht getragen.

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